Warum fotografiere ich eigentlich? Natürlich habe ich mir diese Frage selbst schon öfter gestellt. Aber auch andere Leute fragten mich das, mit dem Unterton, dass es heute bereits eine Informationsflut im Netz gäbe, dass Fotos heute nicht mehr viel Wert sind und selbst Instagram / Facebook das so sähen.

Da ist auch tatsächlich was dran! Während man sich 1990 bestimmt sehr viele Gedanken darüber gemacht hat, welches Foto man macht und sich gewissermaßen überhaupt leisten konnte, ist Fotografie heute ein Massenhobby, nicht nur dank DSLM-Kameras, die nicht mal mehr einen Spiegelschlag und somit nahezu keine mechanische Abnutzung mehr zeigen, sondern auch durch die vielen Smartphones und sogar KI-generierten, fotorealistischen Bildern.

Doch trotz allem, gibt es gute Gründe, warum Fotografie auch heute nutzbringend ist und viel Spaß macht.

Ein Fotograf sieht die Welt sehr viel bewusster

Die Sicht durch einen Viewfinder einer Kamera mag auf den ersten Block etwas ein- oder beschränkend wirken. Doch wenn man erstmal gelernt hat, Ausschnitte der Welt von Mikro bis Makro für die Viewfinder-Perspektive ins rechte Licht zu rücken und Perspektiven der Welt zu “sehen”, dann erkennt man Details, die man ohne Fotografie nicht erkannt hätte. Das gilt natürlich ganz besonders bei extremer Fotografie wie der Mikroskop- oder Makrofotografie von sehr kleinen Objekten oder der Teleskop-/Astrofotografie. Aber sie gilt ebenso für die gewöhnliche Landsschafts- oder Portraitfotografie, für die Street- oder Produktfotografie usw.

Und das sogar umso mehr, denn während jeder normale Mensch von besonderen Bildern von einem Mikroskop oder Teleskop ausgeht, sind diese Menschen oft sehr überrascht, wie interessant auch ganz gewöhnliche Szenen in der Natur oder im menschlichen Alltag wirken können, wenn sie aus der richtigen Perspektive und/oder dem richtigen Licht fotografisch dokumentiert wurden.

Auch wenn Fotografie vom Alltragsleben ablenkt, so lernt man als Fotografie das Sehen von Blickwinkeln und Details, die anderen Menschen verborgen bleiben – Oder nur auf Bildern von Fotografen erkennen.

Fotografie ist Liebe für Technik und Naturwissenschaft

Fotografie kann auf viele unterschiedliche Art und Weisen erfolgen und auch die Fototechnik bietet sehr viel Vielfalt.

Wie ich zuvor bereits schrieb, ist der Blick durch den Sucher (Viewfinder) eine entscheidende Perspektive auf die Welt, doch technisch gesehen gibt es große Unterschiede, wie die Wahrnehmung der Welt im Sucher ist. Denn der Blick durch einen optischen Sucher OVF – Optical Viewfinder) wie in einer analogen oder digitalen Spiegelreflexkamera (SLR, DSLR) ist ganz anders als im elektischen Sucher (EVF – Electrical Viewfinder) einer spiegellosen Systemkamera (DLSM).

Auch wenn es Old School ist, liebe ich immer noch die optischen Sucher, die auf der Spiegeltechnik echtes Licht durch den Sucher leiten und somit auch dann funktionieren, wenn die Kamera elektrisch ausgeschaltet ist. Aktuell bietet nur noch Pentax Spiegelreflexkameras aktiv am Markt an. Eine Nische, aber eine relevante. Auch wenn die Autofokusperformance technisch nicht an die der DSLM-Technologie heranreichen kann.

Ebenso Old School, aber sehr liebenswert in der Fotografie ist der Messucher, der noch losgelöster vom digitalen Bild in der Kamera ist, als der OVF. Der Messucher erfordert einen rein manuellen Vorgang des Fokussierens. Neben der immer moderneren Technologie des Fotografierens wie KI für Objekt-/Personen(augen)-Erkennung für vollautomatisiertes Fokussieren oder den Global Shutter (Auslesen von Fotosensoren auf globaler Pixelebene, also ohne Rolling Shutter Effekte) wird auch die anaologe, manuelle und auf Grautöne begrenzte Fotografie wieder zum Trend.

Fotografie dokumentiert für Andere

Dass über den Vietnamkrieg viele Details mehr bekannt sind als über den zweiten Weltkrieg, über den zweiten viel mehr als über den ersten Weltkrieg, liegt an der Evolution und Verbreitung von Foto- und Video-Technologie. Wir sind für die vielen Bilder sehr dankbar, denn je mehr und besser diese vorhanden sind, desto mehr können wir über unser Leben, unsere Gesellschaft in Erfahrung bringen und Kulturgeschichte für unsere Nachkommen bewahren.

In der heutigen Überflut an Bild- und Ton-Material sinkt der Wert der einzelnen Aufnahme, aber insgesamt dürfen wir heute und in Zukunft sehr dankbar sein, für die Dokumentation die wir erhalten. Und – wenn man mal darüber nachdenkt – gilt dies tatsächlich teilweise für die auf den ersten Blick belanglosesten Fotos. Denn heute schauen wir fasziniert auf Fotos, die die einfachsten Situationen z. B. aus den 1930er oder auch aus den 1980er Jahren zeigen.

Wir Fotografen können niemals zu viel dokumentieren, auch wenn die Überflut und Belanglosigkeit manchmal der erste Eindruck ist.

Fotografie ist kognitiver und körperlicher Sport

Und hier zeigt sich der positive persönliche Effekt, denn Fotografie ist nicht nur Hobby, sondern wahrer Sport! Ob Street-, Landschafts- oder Naturfotografie, fast immer ist persönlicher Einsatz gefragt. Für Street-Fotografie braucht es viel Laufen und Verrenkung für gute Fotos, für Landschaftsfotografie oftmals gute Wanderschuhe und Naturfotografie verlangt oft besonders hohen körperlichen Einsatz, kommt manchmal einer militärischen Wehrübung nahe, wenn man über den Boden robbt oder auf Bäume klettern muss.

Aber auch kognitiv fordert Fotografie manchmal einiges ab, ob kreatives Denken oder die richtigen Einstellungen für die Sport- oder Astrofotografie, gegensätzlicher kann Fotografie nicht sein!

Fotografie ist ein tolles Primär- und ein ideales Sekundär-Hobby

Ja, Fotografie ist ein tolles Primär-Hobby, also ein Hobby, das einen Selbstzweck erfüllen kann, so wie auch Fußballspielen, Schach oder Zeichnen. Dann ist man auf der Suche nach Motiven und vielleicht auch nach Geschichten, genauso wie es ein Maler ist oder ein Schreiber.

Fotografie ist aber ganz besonders gut als Sekundär-Hobby geeignet, also ein Hobby, dass andere Interessen dokumentiert, vielleicht sogar ergänzt. Denn andere Aktivitäten wie Motorsport oder Reisen oder Interessen wie an Tieren oder Architekturen bestehen, dokumentiert die Fotografie als Zweithobby, vielleicht ergänzt sie das Primärhobby sogar besonders gut, was ich oft bei Hobby-Astronomen beobachten kann, bei Wildtier-Beobachtern oder in der Mikroskopie. Hier wäre das Primärhobby ohne die Fotografie als Sekundär-Hobby gewissermaßen gleich viel weniger interessant.

Fazit – Fotografie ist nach wie vor ein tolles Hobby

Halten wir es kurz. Trotz Informationsüberflut, trotz Instagram und Smartphones, die Fotografie ist heute interessanter denn je, sowohl von der hochmodernen Kamera mit KI-Funktionen bis hin zur analogen, manuellen Mittelformat-Kamera. Es macht Spaß, fördert Technologie oder erhält Kultur, dokumentiert aber auf jeden Fall oft erst im Nachhinein wertvolle Bilder für die Nachwelt.