Street Portrait Fotografie – Wie es wirklich funktioniert!

Disclaimer 1 – Deutsch und Englisch im Mix
Ja ich vermische mein Wording hier mit Deutsch und Englisch. Wir haben es hier nicht leicht, denn Street Portrait Photographer ist mir manchmal zu Englisch, aber Straßenportrait-Fotograf zu Deutsch. Street Portrait Fotografie wieder ein Mix. Ich nutze einfach alles davon im Wechsel!

Disclaimer 2 – Ich glaube, du bist männlich.
Ja, wahrscheinlich bist du männlich, denn ich kenne nur wenige weibliche Fotografen, die ihr Ding durchziehen. Und wenn, dann eher im Bereich Landschaft- oder Naturfotografie. Natürlich gibt es sie, die weiblichen Street Portrait Fotografinnen, aber wahrscheinlich ist es nicht, dass du eine bist. Falls doch, dann bitte fühle dich geehrt und hiermit herausragend! 

Disclaimer 3 – Ich mags exklusiver
Ich fotografiere nicht mit Canon, Nikon oder Sony, auch nicht mit Fujifilm. Ich fotografiere mit Pentax und Leica, vielleicht bald auch mal mit Hasselblad. Ich mag exklusivere, unbekanntere Marken. Ich bemühe mich trotzdem, auf die verbreiteten Kamera-Hersteller einzugehen und ich habe nichts gegen diese. Mit allen Marken kann man dieses Hobby betreiben!

Street Portrait Fotografie als Herausforderung

Street Portraits sind echt echte Herausforderung für die meisten Fotografen. Die allermeisten Fotografen schaffen diesen Schritt nicht. Sicherlich, weil diese Fotografie nicht für jeden einen Reiz ausübt, aber ehrlicherweise doch auch, weil die wenigsten sich überwinden können, diese Fotografie auszuleben. Ich bin sehr sicher, dass es etliche Fotografen gibt, die bereits stundenlang irgendwo in der Stadt gestanden haben und versucht haben, Menschen anzusprechen und um ein Foto zu bitten, aber die Überwindung nicht geschafft haben.

Es ist aber auch deswegen eine Königsdisziplin in der Fotografie, weil der Fotograf oft nur wenige Sekunden Zeit hat, das Foto zu machen, die Erwartungshaltung seitens des Models (und des Fotografens selbst) aber hoch ist. So kann sich gerade in der Großstadt die Lichtsituation ändern auf Grund des Lichteinfalls des Sonnenlichts oder der Beleuchtung. Auf einmal sind Hintergründe durch LKWs blockiert oder Menschenmengen durchqueren plötzlich die Kreuzung. Ein solcher Fotograf muss das Rauschen des Großstadt-Stresses filtern und trotzdem abliefern können, ohne, dass sich das Model unwohl fühlt oder der Aufwand plötzlich zu groß wird.

Es geht um das Vertrauen zwischen mindestens zwei Menschen in sehr kurzer Zeit.

Tipp: Wer beruflich auch im Vertrieb arbeitet oder vertriebsnahe tätig ist (das ist gewissermaßen jeder Unternehmer oder Geschäftsführer), der kann mit Street Portrait Fotografie seine Skills enorm verbessern. Man lernt mit dieser Fotografie richtig gut, Menschen zu begeistern.

Street Portrait Fotografie hat ihren eigenen Reiz

Die Hürden der Street Portrait Fotografie müssen hoch sein, anders kann ich mir nicht erklären, dass es bisher noch nicht so viele gibt. Jede Großstadt könnte eigentlich voll von ihnen sein.

Und ich kenne viele Fotografen, die diese Fotografie gerne umsetzen würden. Der Reiz u.a. darin, viele Menschen zu erleben und auch zu schauen, wie sie in ihren stressigen Momenten mit der Situation klar kommen. Es ist eine Möglichkeit, Models kostenlos zu fotografieren, dabei ganz unterschiedliche Charaktere und Stylings kennen zu lernen. Oft bestätigt sich das ein oder andere Vorurteil – oder es klärt sich als widerlegt auf. Jedenfalls lernen wir etwas dazu.

Und Street Portraits spenden Freude, ganz besitmmt nicht nur beim Fotografen! Ich habe viele Street Models, vor allem weibliche, aber auch männliche, fotografiert, die enormen Spaß dabei hatten, das Model zu sein. Manche schienen es gewissermaßen gewohnt zu sein, fotografiert zu werden. Die Posen saßen, das Selbstbewusstsein gegeben, die Fotos als reiner Akt der Gewohnheit.

Andere Models waren erst überrascht, vielleicht skeptisch, dass sie angesprochen wurden, fühlten sich dann aber geehrt und glücklich, entdeckt worden zu sein.

Und das Shooting – ich persönlich gebe wenig Anweisungen für Posen – machte den allermeisten mindestens etwas Spaß, während andere vor Glück beinahe ganz aus dem Häuschen waren. Und der Abend gerettet!

Internationale Street Portrait Photography

Ich würde fast behaupten, dass Deutschland eher ein schwierigeres Pflaster für Street Portraiture ist. Hier sind viele Menschen eher skeptisch, in Sachen persönliche Daten vorsichtig. Dennoch bin ich hier auch erfolgreich, aber der Anfang etwas hakeliger als es im Ausland der Fall ist.

Nun will ich hier keine großen Tipps geben, denn Ausland ist nicht gleich Ausland. Aber in Österreich und der Schweiz habe ich ähnliche Erfahrungen wie in Deutschland gemacht. In der VR China habe ich jedoch auch Street Portraits gemacht und die Chinesen sind viel offener. Und ich konnte meine Sprachkenntnisse verbessern. In Japan möchte ich auch mal fotografieren.

In Asien haben die Menschen generell (!) einen lockereren Umgang mit Daten im Allgemeinen und mit Fotos im Speziellen, daher – wer sich dort auskennt – könnte hier viel Erfolg mit Street Portrait Photography haben. Mir fiel es leicht dort zu fotografieren und konnte meine Sprachkenntnisse üben.

Tipp: Ich könnte mir gut vorstellen, dass Street Portraits z. B. in Portugal, Spanien oder Italien gut funktionieren. Vielleicht ein tolles Hobby, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und wer seine Sprachkenntnisse aufpolieren möchte, kann diese Hobbies gut kombinieren.

Street Portraits sind keine Street Photography

Hier beginnt die Verwirrung und wir Fotografen provozieren diese in Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, Aufmerksamkeit zu erzielen, sehr bewusst. Und so taggen wir Street Portraits auch als Street Fotografie.

Street Portrait Fotografie ist jedoch eigentlich wirklich nur das Portraitieren von spontanten Models, die der Fotograf im Freien antrifft, vorzugsweise auf der Straße. Manche Fotografen mischen Fotos von Straßenportraits mit zufälligen Szenen von Straßensituationen in Bilderserien und kombinieren beide Disziplinen sinnvoll.

Dennoch ist Street Fotografie, die man eigentlich nochmal in szenen- und personen-orientierte Street Photography unterscheiden kann, grundsätzlich eine anderes Konzept der Fotografie.

Der personen-orientierten Street Fotografie stehe ich selbst eher kritisch gegenüber, weil diese oft zu einer Art von heimlichen Portraits verleitet. Richtige Street Portraits sind jedoch klar einvernehmlich und ein ehrliches Prinzip.

Die Foto-Gallerie zeigt sowohl szenen-orientierte Street Photography (die Fotos in Farbe) als auch personen-orientierte Street Photography (schwarz/weiß).

Ausrüstung für Street Portrait Photography

Hier kommt die gute Nachricht: Ein Street Portrait Fotograf arbeitet mit schlanker Ausrüstung. Wenn man z. B. mal die Ausrüstung in der Natur- oder Astrofotografie vergleicht oder vielleicht auch die Studio-Fotografie, dann braucht es eigentlich nur eine einzige Kamera und ein einziges Portrait-Objektiv. Kein Weitwinkel, kein Zoom, kein Stativ, keine Filter…. nur ein Kamera-Body und ein Objektiv. Ich empfehle immer noch einen Batterie-Griff dazu, sollte die Kamera diesen nicht bereits selbst festverbaut haben (wie Canon R1 oder Nikon Z9). In der Landschaftsfotografie stören Batteriegriffe eher, aber in der Portrait-Fotografie (egal ob auf der Straße oder im Studio) sind sie sehr hilfreich und verändern die Fotografie des Fotografen meiner Beobachtung nach sehr positiv.

Weder die Sony Ax Modelle noch Leica SL oder Pentax Kameras haben einen intergrierten Griff für vertikale Aufnahmen, die ich bei Menschen stets bevorzuge (Menschen sind vertikale Wesen und so sollte ich sie auch eher im Hochformat fotografieren). Hier rüstet man den Batteriegriff einfach nach.

Wir sind also schlank in Sachen Ausrüstung aufgestellt, aber einen Haken hat die Sache: Diese eine Kamera und dieses eine Objektiv sollten wirklich für Portraits geeignet sein und sind darüber hinaus eher teuer, für Anfänger oft zu teuer, aber diese Fotografie ist definitiv nichts für Einsteiger – Dazu komme ich später noch.

Gleichfalls ist es nicht so, dass je teurer eine Kamera ist, sie besser für Portraits geeignet ist. Ich halte die Canon R5 für geeigneter als die R1 und eine Sony A9 neuster Version mag die schnellste Kamera überhaupt sein, das spielt sich in der Portraitfotografie aber überhaupt nicht aus – eher im Gegenteil. Und eine Kamera, die selbst eine gewisse Ausstrahlung hat, erhöht die Chancen auf Erfolg in der Portrait Fotografie – Auch dazu komme ich gleich.

Vollformat und Lichtstärke

In der Naturfotografie nutze ich gerne die Pentax K3 III und auch in der Street Photography kommt diese bei mir zum Einsatz, z. B. mit dem Pentax 20 – 40 mm F2.8 – 4.0 Limited Objektiv. Es ist kompakt und leicht, spritzwassergeschützt und bietet tolle Kontraste.

Aber Achtung: Ich nutze es vielleicht für Street Photos, aber definitiv nicht für Street Portraits!

Denn die K3 ist eine APS-C Kamera und das Objektiv viel zu lichtschwach. Für Portraits benötigen wir große, offene Blenden, die viel Freistellung bieten. Hochwertige Objektive zaubern auch bei schwachen Lichtverhältnissen noch ein sanftes Licht auf jedes Gesicht. Und das Bokeh ist ebenso wichtig. Daher sollten nur Objektive genommen werden, die wirklich abliefern und für Portrait-Fotografie optimiert wurden.

Und an Vollformat kommen diese besser zur Wirkung, da man bei gleicher Entfernung zum Motiv einfach mehr Freistellung – also weichere Hintergründe – erhält.

Bei mir kommen an der Pentax K1 II meistens das Pentax DFA 85 mm F1.4 zum Einsatz. Manchmal auch das Pentax FA 77 mm F1.8, welches ebenfalls ein richtig gutes Portrait-Objektiv ist. Es hat leider die Einschränkung, dass es nicht spritzwassergeschützt ist und einen lauten Autofokus hat, der jedoch an lauten Straßen nicht stört.

An der Leica SL kommt bei mir das Leica SL Summicron 90 mm F2.0 zum Einsatz. Es bildet etwas konventioneller ab als die beiden Pentax-Objektive. Eine Offenblende von kleiner als F2 würde ich nicht mehr empfehlen.

Wer statt Vollformat auf Mittelformat (z. B. von Fuji oder Hasselblad) setzen möchte, nur zu, umso besser! Auch für den nächsten Punkt: Prestige.

Und welche Rolle spielt Prestige bei der Kamera?

Jetzt müssen wir uns mal ehrlich machen. Die Wahrheit hat zwei Argumentationslinien: Ein sympathischer, charismatischer Fotograf überzeugt nicht mit seiner Kamera, sondern mit seinem Charisma und Vertrauen, das er ausstrahlt. Die Kamera spielt dann eine untergeordnete Rolle.

Ich vermute ganz stark, dass wenn George Clooney oder Brad Pitt durch die Straßen laufen, dann würden sie selbst mit einer kunterbunten Spielzeug-Kamera beinahe jeden für ein Foto überzeugen. Nur leider sind die wenigsten so attraktiv wie diese beiden Schauspieler. Ein Street Portrait Photographer muss Vertrauen und Charisma ausstrahlen über sein Auftreten – dazu komme ich gleich noch! Die richtige Kamera tut ihr übriges dazu.

Manche potenziellen Street Models sind sehr empfänglich für das Machen von Fotos, andere jedoch erstmal misstrauisch und möchten aber eigentlich gerne dazu überzeugt werden (ohne aufdringlich zu sein). Hier kann (!) es den entscheidenden Unterschied machen, ob man mit einer Plastik-Canon aufkreuzt oder mit einer Leica.

Und das gilt keinesfalls nur für Menschen, die sich mit Kameras gut auskennen, denn Canon, Nikon und Sony kennt namentlich fast jeder, auch eine Fuji. Eine Leica oder Hasselblad kann da den Unterschied machen, aber eine Pentax ist ebenso exotisch. Die ist zwar nicht als Premium-Marke bekannt, aber die Unbekanntheit macht neugierig und ein versprochener besonderer Look steigert diese Neugier nochmals.

Ich halte es für hilfreich, wenn die Kamera selbst eine gewisse Ausstrahlung hat, dafür darf sie gerne einen Vintage-Design haben (z. B. Nikon Zf, Leica M, Fujifilm) oder aber eine große Kamera mit hochwertiger Erscheinung ohne zu viel Plastik-Anmutung.

Brennweite und Megapixel

Die Brennweite ist schnell logisch abgeleitet. Mit einer Distanz von ca. 1 bis 10 m zum Objekt liegt man mit einer Brennweite zwischen 50 und 135 mm sehr richtig. Ich bevorzuge nach Möglichkeit 85 bis 100 mm, mache aber meine Ausnahmen.

Dies unterscheidet sich damit recht deutlich von der Portrait-Fotografie im Studio, die eher zwischen 35 und 85 mm, aber eigentlich fast immer die klassischen 50 mm an Vollformat nutzt.

In Sachen Megapixel tendiere ich mittlerweile eher zu weniger Megapixel als zu vielen. Zum Einen sind mit die Dateien einfach auf Dauer zu groß (zu viele), zum Anderen braucht man keinen digitalen Zoom nachträglich ins Bild, sofern man nicht unbedingt die Hautporen selbst portraitieren möchte.

Meiner Meinung nach reicht eine Leica SL2-S mit 24 Megapixel aus. Die Pentax K1 hat mit 36 Megapixel fast schon zu viele, aber ist im erträglichen Rahmen. Und wer auf Canon / Nikon setzt, kann ruhig auf eine R6 bzw. Z6 statt R5 oder Z7 / Z 8 ausweichen. Ganz ehrlich, mehr Prestige bieten diese Nummern eigentlich nur unter den Nerds.

Das passende Erscheinungsbild

Wie muss ich als Street Portrait Fotograf anziehen und stylen, damit ich bei potenziellen Models Erfolg habe? Ehrlich gesagt heißt es auch hier: Sei nicht angepasst, sei anders. Ich würde mal ganz klar empfehlen, ein künstlerischen Eindruck zu machen, ist hier der Glaubwürdigkeit deiner Person als “Irgendwas mit Street Photography” nur zuträglich. Also gerne zerzaustes, eventuell längeres Haar, bunte Kleidung, fancy Stilelemente wie eine Mütze, Rasterlocken oder auffälligen Schmuck auf wilden Klamotten. Ja das könnte funktionieren, weil es zum Klischee passt.

Wo ich die Erfolgschancen niedriger einstufe, wäre ein Hipp-Hopper oder sogar Gangsta-Style. Wer traut sich denn, von so jemanden “ge-shooted” zu werden? Ich jedenfalls würde auf Abstand gehen.

Wer als Langweiler auftritt, also Jeans, Pullover und eher grau in grau gehalten, wird bessere Chancen als der Gangsta oder Punk haben, aber einem Langweiler traut man auch nicht so recht zu, dass die Fotos eine echte Wirkung erzielen.

Meiner Erfahrung nach ist ein jugendlicher, leicht sportlicher Look sehr förderlich. Beispielsweise Turnschuhe, leicht sportliche oder kurze Hose und ein schwarzes T-Shirt machen bei vielen Männern schon viel her.

Ort und Zeit

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Ort und die Zeit die Erfolgsfaktoren für Street Portraiture enorm beeinflussen, weniger jedoch die Erfolgsaussichten, wenn man diese berücksichtigt.

Als Ort kommen für mich nur Städte infrage. Das können mittelgroße Städte wie Tübingen oder Heidelberg sein oder eben die Stadtzentren der Großstädte. Stets Locations mit vielen Menschen, keinesfalls aber in oder bei dunklen Gassen. Gerade Frauen sollten nur angesprochen werden, wenn der Schutz der Menschenmassen in sichtbarer Nähe ist. Die Ansprache von Personen in extrem lauten, dichten Menschenmassen ist allerdings dann auch wieder suboptimal.

Tipp: Am Rand von Menschenmassen oder -zentren gibt es oft viele Menschen, die sich gerade zu orientieren versuchen und leicht ansprechbar sind. Hier bieten sich oft überdurchschnittlich viele Chancen für das Ansprechen einer Person.

Die Zeit ist jedoch der deutlich variablere Faktor mit großem Effekt auf die Menschen. Am Wochendende findet man oft geduldigere Menschen als in der Woche im Stadtzentrum. Auch ist der Kleidungsstil oftmals freizeitlicher als in der Woche. In der Woche ist meiner Erfahrung nach der frühe Abend am Besten, wenn die Menschen Feierabend haben und ruhiger werden. Morgens in der Woche hingegen sind die meisten Menschen in Eile und die Bereitschaft auch nur für ein kurzes Gespräch bereits durchschnittlich sehr viel niedriger.

Tipp: Für Einsteiger empfehlt sich das Fotografieren am Freitag- oder Samstag-Nachmittag bis zum Abend. Hier sind die Leute tendenziell am besten gelaunt. Und Nacht-Portraits haben auch ihre Wirkung.

Das richtige Wetter für Street Portraits

Hier gibt es keine Einschränkungen, es sei denn, man möchte sich auf bestimmte Kleidungsstile fokussieren. In den Wintermonaten kann man auch schöne Fotos machen mit eigenem Stil, betont vor allem auf das Gesicht des Gegenübers. Ich fotografiere Portraits lieber in den hellen Monaten vom späten Frühling bis frühen Herbst, da wir hier sowohl mehr Kleidungsstile vorfinden und die Menschen sich offener kleiden.

Aber ein hereinbrechender Regen kann auch den speziellen Reiz – übrigens auch für das Model – ausmachen, zumindest im Sommer können dadurch interessante Portraits entstehen, die sogar für geübte Models das gewisse Etwas bedeuten.

Wer sich sicher sein möchte, gute Bedingungen für Licht und Wetter vorzufinden, sollte im Sommer am Abend bei gutem Wetter fotografieren gehen. Besonders am Wochenende findet man so schnell geduldige Models und kann selbst leicht performen.

Es kann aber auch eine Herausforderung sein, Street Models in der Nacht zu fotografieren. Hier muss man den schnellen Blick für gutes Vordergrund-Licht und Hintergrund-Licht erlernen. Etwas Licht im Vordergrund sollte das Gesicht des Models ganz leicht anleuchten, schönes Licht im Hintergrund sorgt für ein verträumtes Bokeh.

Besonders spannend finde ich aber auch das Fotografieren am hellen Tage, bei gleißendem Licht ist die Herausforderung sehr groß, die Modells ansprechend zu fotografieren.

Tipp: Für fortgeschrittene Street Portrait Fotografen wäre das Portraitieren von Menschen an Regentagen, am besten direkt im Regen, mal etwas besonderes. Das gibt es noch nicht viel. Hier muss aber mit einer hohen Quote an Ablehnung gerechnet werden, da nur wenige Menschen sich im Regen wohl genug fühlen, um die Geduld und das Selbstvertrauen aufbringen zu können, fotografiert zu werden.

Die richtige Ansprache und Story

Die Ansprache ist stets die größte Hürde. Nein, nicht nur für Dich, sondern auch für mich und für jeden Anderen. Da müssen sich erfahrene Streetler nun auch nicht brüsten und behaupten, dass das anfangs kein Problem für sie gewesen sei. Aber ein Aspekt sollte jeder auf dem Schirm haben: Wer die ersten Ansprachen hinter sich hat, der wird schnell selbstsicherer und dem machen ganz zügig Ansprachen überhaupt nichts mehr aus. Und das liegt dann sogar weniger an den Erfolgen, sondern viel mehr an den Misserfolgen – Dazu komme ich gleich noch.

Ich halte meine Ansprachen sehr kurz und knapp, mit echtem Interesse. Beispielsweise in Berlin mit: “Hallo, darf ich Dich kurz etwas fragen? Bist du echte Berlinerin? Oder Touristin?”. Auf diese Antwort baue ich dann weiter auf und mache das Kompliment, dass dazu geführt hat, die Person anzusprechen. Dazu braucht es eine klare Aufforderung, denn der Gegenüber möchte sich selten selbst dazu auffordern, jetzt fotografiert zu werden (was aber manchmal dann überraschend doch vorkommt). Die Aufforderung sollte als Frage formuliert werden, z. B.: “Hast du Lust, nur für 2 Minuten kurz mein Street Model zu sein?”.

In ungefähr der Hälfte der Fälle zeige ich Beispielfotos von anderen Street Models, entweder weil die Person explizit danach fragt, meistens jedoch, weil ich das Gefühl habe, dass das nun in diesem kurzen Moment der Aufmerksamkeit hilft, Vertrauen zu schaffen.

Die Neugierde auf ein Foto lässt sich steigern mit einer interessanten Kamera, über die man eine Geschichte erzählen kann. Das ist – wie zuvor bereits beschrieben – bei einer Leica oder Pentax einfacher, als z. B. bei einer Canon R6.

Tipp: Besonders Frauen immer von Vorne ansprechen, nie von hinten. Und das aus gleich mehreren Gründen. Nicht den potenziellen Models hinterherlaufen, sondern es etwas geschickter einfädeln, dass die Chance besteht, sich wieder über den Weg zu laufen. Niemals, gerade bei Frauen, versuchen, in dunklen Gassen oder auf einsamen Flächen die Ansprache zu machen. Sei professionell, nicht creepy!

Ablehnung stärkt das Weltbild. Und das Selbstbild.

Ja, es ist kein Mythos, sondern es passiert. Und das garantiert jedem Street Portrait Fotograf: Ablehnung vom potenziellen Modell.

Es passierte, es passiert und es wird immer wieder passieren. Man spricht die jeweilige Person an und sie lehnt es mehr oder weniger deutlich ab, fotografiert zu werden. Das kann manchmal erst im Gespräch erfolgen, manchmal ist es schon das Abwinken, wenn die Person nur spürt, dass sie approached wird.

Wer ein “Nein” kassiert hat, merkt aber schnell, dass damit die Welt nicht untergeht. Ich hatte sogar oft erst dadurch das Gefühl, die Angst vor der Ablehnung verloren zu haben. Denn die Erfolge haben mir erstmal nicht so viel geholfen, da die Flughöhe immer höher wurde und Sturzhöhe damit ebenso. Das kann besonders krass werden, wenn sie die Tageszeit oder die Location geändert hat, dass auf einmal alles umschwingt.

Tipp: Aber ganz ehrlich, Ablehnung tut anfangs wirklich weh und der Selbstzweifel wächst exponentiell an. Wer zu Anfang von 10 Ansprachen alle abgelehnt bekommen hat, sollte für den Tag abbrechen und ein anderes mal erneut reinstarten.

Wer stundenlang am Straßenrand steht und sich durch den Kopf gehen lässt, wen er nun wie genau wann und wo anspricht, der betreibt Overthinking. Und dann klappt es immer unwarscheinlicher. Was bei mir gut klappt: Ankommen und dann sich 10, besser 5 Minuten geben zum ersten Ansprechen. Wenn die 10 Minuten überschritten sind, nicht mehr viel Toleranz, sondern ab nach Hause, morgen nochmal versuchen!

Was mache ich, wenn ich als Fotograf abgelehnt werde?

Kopf hoch und weiter, heißt es dann als Fotograf! Man sollte es nicht persönlich nehmen, auch wenn es ehrlicherweise nicht von der Person des Fotografen gänzlich losgelöst ist.

Aber eine Sache hinterlässt einen sanft-süßen Nachgeschmack, klappt fast immer: Man bedankt sich für den kurzen Moment der Aufmerksamkeit und schlägt vor, dass diese Ansprache einfach als Kompliment zu verstehen ist. Das hinterlässt einen sehr positiven Eindruck beim Gegenüber und für viele bedeutet es auch, dass der Abend gerettet ist. Denn nicht jeder möchte fotografiert werden, freut sich aber dennoch darüber, entdeckt worden zu sein.

Motivation verstehen – Warum sagen Menschen ja oder nein?

Warum sollte ein Street Model überhaupt Interesse an einem Foto haben? Diese Frage darf man sich als selbst-reflektierter Mensch durchaus mal stellen. Ohne damit eine voll-durchdachte Antwort zu liefern, sage ich dazu aus Erfahrung heraus, dass viele Street Models ja nicht ohne Grund angesprochen werden, sondern ein sichtbares Argument dafür spricht. Alleine die Ansprache des potenziellen Models ist eine Anerkennung. Immerhin stehen viele Menschen offensichtlich lange vor dem Spiegel, geben viel Geld für ihr Aussehen aus.

Zum Anderen macht es vielen Menschen einfach Spaß, das Model zu sein. Als Model kann man ruhigen Gewissens eigentlich ja auch vom Objekt der Begierde sprechen (es muss dabei nicht immer die sexuelle Begierde sein, oft ist sie das jedenfalls nicht).

Es gibt aber noch viel mehr Gründe, das Fotografiert-werden von Dir als Street Portrait Fotograf abzulehnen. Das kann ein Mix aus verschiedenen Faktoren sein. Manche Menschen laufen auf der Straße, weil sie zu einen dringenden Termin müssen. Vielleicht ist er sogar zeitlich gar nicht so dringend, aber mental belastet dieser Termin die Person. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen in Hektik (die ich vielleicht nur zu spät erkannt habe) oder in Gedanken vertieft, nur selten Ja zu einem Foto sagen.

Andere Menschen sind wirklich schüchtern, finden sich selbst nicht fotogen. Manche stecken auch in einer toxischen Beziehung fest, die es ihnen schlicht und einfach verbietet, sich von einer fremden Person, vielleicht besonders von einem Mann, fotografieren zu lassen. Es gibt etliche Gründe mehr und wir sollten uns gar nicht einbilden, diese alle überblicken oder gar verstehen zu können.

Die letzte Gallerie soll die Faszination für Street Portrait Photography unterstreichen: Obwohl es immer Portraits sind, die den Menschen in das Zentrum des Bildes rücken, können Licht und Farben sehr diverse Fotos ergeben. Street Portaits sind – richtig gemacht – enorm abwechslungsreich. Vom gleißenden Licht zu blauem Himmel. Von voll ausgeleuchteten Gesichtern zu schattierten Gesichtskonturen. Hintergrund-Bokehs in hell oder dunkel, mit oder ohne Lichter oder ganz im Gegenlicht.

Der rechtliche Aspekt…

… ist auch in Deutschland recht einfach. Wer zustimmt, dass du ein Foto machst, dann ist das ok und auch im Sinne des Datenschutzes und im Sinne des Rechtes am eigenen Bild. Die Veröffentlichung (z. B. auf Instagramm) bedarf aber einer weiteren explizit ausgesprochenen Freigabe durch die Person, die auf dem Foto abgebildet ist.

Mit persönlich reicht eine mündliche Zustimmung durch das Street Model dafür aus, aber es ist genau genommen kritisch, wenn man es nicht schriftlich hat. Da bleibt ein Hauch Risiko beim Fotografen liegen.

Und dann noch nach dem Alter fragen: Denn Street Models sehen manchmal aus wie über 20, sind aber tatsächlich manchmal noch knapp unter 18 Jahren. Hier würde ich explizit nach dem Alter fragen und ein Foto auf keinen Fall machen, wenn die Volljährigkeit nicht gegeben ist. Hier müssten sonst die Eltern klar zustimmen!

Street Portrait Photography und ihre No-Gos

Es gibt ein paar No-Gos in der Street Portrait Fotografie, an die wir uns halten sollen:

  • Ein “Nein” heißt Nein. Das gilt sofort zu respektieren. Alles andere würde unseren Ruf ramponieren und gehört sich einfach nicht.
  • Bitte auch unbedingt davon absehen, dann noch heimlich Fotos von der Person zu schießen. Das geht gar nicht und ist auch gesetzeswidrig.
  • Ebenfalls ein übler Trick ist es, zwei Speicherkarten in der Kamera zu behalten und dann auf Wunsch des Models zwar ein Foto zu löschen, es aber heimlich auf der Backup-Speicherkarte zu behalten.

Im Sinne der Menschheit, Gesellschaft und unserer Fotografen-Gemeinschaft, bitte immer nett und freundlich bleiben, auch und besonders bei einer Ablehnung! Das Kompliment an die Person hervorheben und möglichst alle mit uns interagierenden Personen mit einem Lächeln weiter schicken 🙂